Mittwoch, 10. August 2011

Gefälle beim Gefallen


Hatte ich mich gestern zunächst der Darstellung des Phänomens „Geldfetischismus“ gewidmet, finde ich doch, dass die moralische Fragestellung zumindest noch einmal weiterführend betrachtet werden sollte, ehe das Thema auf meinem Blog wieder in den Untiefen des Netzes versinkt. Auch deswegen habe ich gestern die Sub-Unterschrift gewählt, dass der post nur für „moralisch stabile Personen“ geeignet sei, die wissen, was sie tun, falls sie sich durch die Idee der Psycho- und Sprachprostitution, die man als solche nicht benennen darf, inspiriert fühlen.
Mein erster Gedanke während der Reportage über Gelddominas, Geldsklaven und Geldfetischismus war tatsächlich: „Cool, das ist DIE Idee. Da sind Leute, die WOLLEN einem das Geld ja quasi geben!“
Was gibt es Naheliegenderes, wenn man auf der Suche nach Menschen ist, die einem freiwillig Geld geben, als dieses?
Lapidar betrachtet: Ich will Geld, ich kann andere fertigmachen, ich finde es gar nicht schlimm, andere fertig zu machen (sofern diese es wünschen!), sie wollen mir Geld geben – Deal perfekt!
Dabei ist genau der Aspekt wichtig, dass der andere, wenn man ihn als Partner sieht, genau das selbe wünscht wie ich, nämlich mir das Geld zu geben. Und noch ein bisschen mehr…. Aber dazu später.
Nun ist es so einfach aber nicht, denn das „Spiel“ sieht gewisse Regeln vor. Eine Regel ist, dass die Geldempfängerin (der Rollenverteilung wegen verzichte ich auf die männliche Form!) dem Geldgeber letztlich gewisse Dienste erweist. Diese sind im Falle der Geldfetischisten für die Dienstleisterin absolut unbedenklich. Das Spiel sieht es vor, dass sie sogar ihre Identität verdeckt halten kann, da der Sklave ja keinerlei Recht darauf hat, „seine Herrin“ zu sehen, kennen zu lernen, geschweige denn zu treffen oder gar körperliche Berührung zu erfahren – nicht mal auf sadomasochistische Art. Genau darin liegt der Reiz des Spiels – in der Vorstellung, in den Hoffnungen, in der BEZIEHUNG, die entsteht. Und darin, dass nur eine Person die Kontrolle über diese Beziehung hat. DAS ist die Essenz des Ganzen. Nach wie vor könnte man sagen: „Wieso, ist doch alles ok – das sind selbst gewählte Spielregeln, beide machen mit, kein Problem.“
Ja, aber…..!
Wie bei allen Formen sexueller Phantasien – täuschen wir uns nicht, darum geht’s! - Auch wenn ich persönlich Geld und Sexualität nicht auf diesem Level miteinander in Verbindung zu bringen vermag – gibt es die Tendenz zur Steigerung bestimmter Mechanismen, um die ersehnte Befriedigung zu erreichen.
Bei Geld ist die maximale Steigerung schlicht und ergreifend „kein Geld“, denn irgendwann ist der Geldsklave pleite. Das ist es, worauf das Spielchen abzielt – beiderseits. Es ist also Teil der Regel, dass der Geld-Sklave irgendwann KEIN Geld mehr hat, während die Domina Macht und Kontrolle anhand des erhaltenen Geldes ausübt und ALLES hat (das würde, wenn man das Gedankenspiel korrekt zu Ende denkt, auch bedeuten, dass sie dem Sklaven das Geld ZURÜCKgeben könnte, eher dieser zugrunde geht).
Eine Beziehung kann eigentlich auf Basis der Spielregeln nur funktionieren, wenn sich beide Partner an die Regeln halten und gegenseitig aufeinander achten.
Genau DAS aber sieht die Konstellation im Abhängigkeitsgefüge des Rollenspiels Domina-Sklave ja gar nicht vor.
Und dennoch: Eine „echte“ Domina macht sich im Zweifelsfall strafbar, wenn ihre sadistischen Praktiken den betroffenen Freier zu sehr verletzen oder im Zweifel gar umbringen. Sie wird also darauf achten (müssen), nicht „zu weit“ zu gehen, muss sich auskennen in Anatomie und Psychologie, muss sich in ihre Geschäftspartner einfühlen können, um innerhalb des Spiels zu bleiben und dennoch den Bezug zur Realität nicht zu verlieren. DAS ist Teil IHRER Kontrolle. In der Regel gibt es Vereinbarungen, die eingehalten werden, um (ungewollte) Verletzungen am Körper des anderen zu verhindern. Das setzt, trotz des Aufgehens in einem Rollenspiel, voraus, dass eine Vertrauensbeziehung zwischen „Sklave“ und „Herrin“ besteht. Diese Vertrauensbeziehung, letztlich die Geschäftsbasis des Ganzen, steht als dem „echten Leben“ zuzuordnende Instanz über dem Rollenspiel.
Bei den Gelddominas allerdings – und jetzt nähere ich mich nach endlosen Exkursen dem ethisch-moralischen Problem - ist das anders. Die psychische Abhängigkeit und Hörigkeit bringt Männer dazu, so die Reportage, ihre Existenzen aufs Spiel zu setzen, ihre Familien ins Unglück zu stürzen, sich völlig in die Abhängigkeit einer ihnen gänzlich unbekannten Person zu begeben. Noch immer könnte man sagen: „Naja, ist doch selbst gewählt – kann doch die Domina doch nichts dazu!“ Und mindestens genau so ignorant bis naiv stellt sich auch Lady K. in der RTL-Reportage (ja, ich weiß: fragwürdige Quelle ;-)) dar: „Ich weiß auch nicht, wovon der Mann gelebt hat, er hat mir alles gegeben!“ und lächelt lasziv in die Kamera.

Ich denke aber, genau DAS macht die Sache zu leicht und damit auch zu verführerisch. Eine Gelddomina müsste nämlich, wenn sie ihren Job ernst nimmt, dafür sorgen, dass diese Art des „Untergangs“ einer Existenz aufgrund der Hörig- und letztlich auch Erpressbarkeit ihrer „Sklaven“ nicht stattfindet.
Die Grenzen zwischen Rollenspiel und „realer Existenz“, zwischen gespielter Dominanz und realer Ausbeutung, verwischen bei dieser Praktik zu sehr, eine Trennung zwischen Spiel und „zu weit gegangen“ ist, es sei denn, die Gelddomina hat a) Einblick in die Konten, b) eine realistische Vorstellung von den Lebensnotwendigkeiten der „Geldsklaven“, c) eine gute psychologische Ausbildung, um den REALEN seelischen Schaden bei den Geldsklaven zu erkennen, nicht möglich.
Die Verantwortung liegt, so finde ich, dennoch bei ihnen, denn sie haben, wie der Name schon sagt, die dominante Funktion in der Beziehung. Moralisch fragwürdig ist also für mich nicht die Praktik an sich. Moralisch fragwürdig ist für mich, je nach Verhalten, der Umgang der Dominas mit ihrer Verantwortung. Denn DIE haben SIE!
Bleibt nur, darauf zu hoffen, dass die Dominas gut im Überschlagen von Lebenshaltungskosten sind und im Stillen mitrechnen. Und darauf, dass sie ihren Job ernst nehmen und im Zweifelsfall einfach auch mal SO BÖSE, dass sie dem Sklaven weitere Überweisungen verbieten…..

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